Wer vertritt eine verwalterlose WEG?
Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) haben in Österreich Rechtspersönlichkeit. Das bedeutet, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche (und nicht die einzelnen Personen) Verpflichtungen zu erfüllen hat, sie Verträge abschließen und von Haftungen betroffen sein kann. In vielen Fällen bestellen Wohnungseigentümergemeinschaften externe Hausverwaltungen, um die WEG nach außen zu vertreten. Aber wer vertritt eine verwalterlose WEG?
Die genannten Pflichten und Haftungen treffen eine WEG auch dann, wenn kein externer Verwalter bestellt ist. Jede WEG muss sich also Gedanken um ihre Verwaltung machen. Eine Selbstverwaltung durch die Eigentümer kann eine attraktive Alternative zur externen Hausverwaltung sein – insbesondere für kleine WEGs.
Doch wer übernimmt in diesem Fall die Vertretung, wenn kein Verwalter bestellt ist? In diesem Beitrag erklären wir die rechtlichen Grundlagen und geben praxisnahe Tipps zur Organisation einer verwalterlosen WEG in Österreich.
1. Rechtliche Grundlage: Wer ist vertretungsbefugt?
In Österreich regelt das Wohnungseigentumsgesetz (WEG 2002) die Verwaltung von Eigentumswohnungen. Wenn keine externe Hausverwaltung bestellt ist, kann die WEG ihre Angelegenheiten in Selbstverwaltung organisieren.
Dabei ist in der Regel für jede Maßnahme zumindest ein Mehrheitsbeschluss erforderlich. Damit nicht für jeden Tausch einer Glühbirne ein formaler Mehrheitsbeschluss gefasst werden muss, übernehmen in der Praxis ein oder mehrere Eigentümer mit der Zustimmung der übrigen Eigentümer die wichtigsten Agenden der Selbstverwaltung in Vertretung der WEG.
Grundsätzlich kann jeder Wohnungnseigentümer bestimmte Agenden die Vertretung übernehmen. Damit die Zuteilung von Verwaltungsaufgaben in einer selbstverwalteten WEG rechtsverbindlich und klar geregelt ist, bedarf es eines Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer über die Selsbtverwaltung und die Zuteilung der Agenden.
In vielen Fällen ist zudem eine schriftliche Vollmacht erforderlich, insbesondere wenn der beauftragte Eigentümer Verträge abschließen, Konten verwalten oder die WEG nach außen vertreten soll. Eine solche Vollmacht stellt sicher, dass die gewählte Person im Namen der Gemeinschaft handeln kann und schützt sie gleichzeitig vor möglichen Haftungsrisiken.
Auf unserer Selbstverwaltungsplattform stellen wir zahlreiche Ressourcen für die Selbstverwaltung zur Verfügung – darunter Muster für die Beschlussfassung und Vollmachtserteilung.
2. Welche Aufgaben muss die Vertretung übernehmen?
Die Vertretung einer verwalterlosen WEG umfasst verschiedene organisatorische und administrative Aufgaben. Dazu gehören unter anderem:
- Finanzverwaltung: Verwaltung des Betriebskostenkontos, Erstellung von Vorschreibungen
- Instandhaltung und Reparaturen: Koordination von Handwerkern, Vergabe von Aufträgen für Sanierungen
- Vertragsverwaltung: Abschluss und Verwaltung von Versorgungsverträgen (z. B. Versicherungen, Strom, Wasser, Reinigung)
- Vertretung gegenüber Behörden: Erledigung von allfälligen steuerlichen Pflichten, Kommunikation mit der Gemeinde
- Einberufung von Eigentümerversammlungen und Beschlussfassung
Die größte Herausforderung ist in der Regel die Finanzverwaltung und Buchhaltung. Speziell bei kleineren WEG, die nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliegen, ist die Buchhaltung aber auch für Laien machbar.
3. Wie kann die Vertretung organisiert werden?
Damit die Selbstverwaltung effizient funktioniert, sollte die WEG eine klare Struktur schaffen. Folgende Modelle sind möglich:
➤ Einzeleigentümer als Vertreter
Ein einzelner Eigentümer übernimmt die Verwaltung und erhält eine Vollmacht von den übrigen Eigentümern. Dieses Modell ist sinnvoll, wenn die WEG klein ist und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit besteht.
➤ Aufteilung der Agenden
Bei diesem Modell werden die Aufgaben auf mehrere Personen aufgeteilt. Beispielsweise kann ein Eigentümer die Buchhaltung übernehmen, während ein anderer sich um Reparaturen kümmert. Entscheidungen werden gemeinschaftlich getroffen.
➤ Externe Unterstützung durch Dienstleister
Auch ohne offiziellen Verwalter kann eine WEG externe Dienstleister beauftragen, z. B. für Buchhaltung, Steuerberatung etc.
4. Für welche WEGs eignet sich die Selbstverwaltung
Eine Selbstverwaltung ist grundsätzlich bei jedem WEG-Objekt möglich. In der Praxis lässt sie sich jedoch bei kleineren WEGs leichter umsetzen. Damit die Selbstverwaltung im Alltag gut funktioniert, sollte sie von einer breiten Mehrheit der Eigentümer, idealerweise von allen, unterstützt werden. Dies ist bei einer geringen Anzahl von Eigentümern einfacher.
Kleine WEGs unterliegen in der Regel nicht der Regelbesteuerung der Umsatzsteuer, was die Buchführung deutlich vereinfacht. Es sind dann keine Umsatzsteuererklärungen notwendig.
Vereinfacht gesagt gilt: WEGs, die im aktuellen und im vergangenen Jahr weniger als 55.000 EUR über Vorschreibungen erzielt haben, müssen keine Umsatzsteuer nach der Regelbesteuerung abführen – es sei denn, sie entscheiden sich freiwillig dafür.
Auch bei größeren WEGs kann eine Selbstverwaltung gut funktionieren, sie erfordert jedoch ein tieferes Wissen in den Bereichen Recht und Steuern oder zumindest eine punktuelle Beratung durch Fachanwälte und Steuerberater.
Unterstützung für selbstverwaltete WEG
Viele Eigentümer schrecken vor der Selbstverwaltung zurück, weil sie sich unsicher fühlen oder nicht genau wissen, welche Schritte erforderlich sind. Genau hier setzt unsere Selbstverwaltungsplattform an. Wir helfen Eigentümergemeinschaften in Österreich dabei, sich selbst zu verwalten, indem wir Ressourcen, Muster, Kontakte und Know-How zur Verfügung stellen:
- Musterdokumente für die Einrichtung der Selbstverwaltung
- Vorlagen für Beschlüsse, Vorschreibungen etc.
- Schritt-für-Schritt-Anleitungen zur erfolgreichen Selbstverwaltung.
- Leitfaden und Kontakt für die Eröffnung des Betriebskosten- und Rücklagenkontos
Kostenloser Selbstverwaltungs-Leitfaden
In unserem kostenlosen Leitfaden zur Selbstverwaltung geben wir Ihnen einen detaillierten Überblick über die wichtigsten Schritte bei der Implementierung einer WEG-Selbstverwaltung.
Den Download-Link senden wir Ihnen per E-Mail zu.
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Fazit
Eine verwalterlose WEG kann – speziell bei kleineren WEGs – gut funktionieren, wenn die Eigentümer bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Eine klare Aufgabenverteilung und transparente Entscheidungsprozesse sind essenziell.